Die 80er und 90er Jahre
Claudio Abbado
Kurz nach dem Gründungskonzert – mit dem ausreichend finanzielle Mittel generiert wurden, um das Orchester zumindest auf den Weg zu bringen – stieg June Megennis als General Manager ein und übernahm kurz nach dem ersten Engagement des COE zum Internationalen Rossini Festival in Pessaro die Zügel von Victoria Readman. Sie leitete das Orchester für die nächsten 25 Jahre auf seiner ereignis- und folgenreiche Reise. Ende September 1981 wurde das Ende der Gründungsphase mit einem weiteren privaten Fundraising-Konzert in der noch-offiziell-zu-eröffnenden Barbican Hall in London vor einem überwältigten Publikum gefeiert.
Als das Orchester sich anschickte, europaweit Spuren zu hinterlassen, unternahm es im Herbst 1982 seine erste große Europa-Tournee mit Claudio Abbado. Das COE spielte in den meisten Europäischen Hauptstädten und erhielt viel öffentliche Anerkennung. In dieser Anfangsphase mit Claudio Abbado feierte es einige seiner größten Erfolge, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA und in Japan. Aufnahmen mit ihm gewannen wichtige Preise, darunter zweimal den „Gramophone Record of the year award“ für Rossinis Oper „Il Viaggio a Reims“ und Schuberts Sinfonie-Zyklus. Es war eine bedeutende Entwicklungsphase für das Orchester, in der außergewöhnliche Freundschaften geschlossen wurden – beispielsweise mit Alexander Schneider, einen der begeistertsten und engagiertesten Unterstützer des COE bis zu seinem Tod in den frühen 1990er Jahren, oder zu Sandro Vegh, der für viele der COE-Streicher zu einer wichtigen Inspiration wurde, in Salzburg wie in Prussia Cove. In den 80er Jahren kam es zu ersten Projekten mit Sir Georg Solti, die in umjubelten Vorstellungen und preisgekrönten Aufnahmen von Mozarts späten Sinfonien und seinen Opern „Così fan tutte“ und „Die Hochzeit des Figaro“ gipfelten.
Nikolaus Harnoncourt
Da Claudio seit den frühen 80er Jahren Generalmusikdirektor in Wien war, fanden hier auch viele Arbeitsphasen des COE statt. In Wien kam es 1986 auch zum ersten Konzert mit Nikolaus Harnoncourt, Solist war Gidon Kremer. Damals wußten wir es noch nicht, aber dieses Konzert markierte den Beginn einer ungewöhnlich engen Beziehung zu Nikolaus Harnoncourt, die während der 90er Jahre zu einem Fundament der weitern künstlerischen Arbeit des COE wurde, und die bis zu Harnoncourts Tod im März 2016 anhielt.
1987 lud Nikolaus Harnoncourt das Orchester zum ersten Mal zum Styriarte Festival in seine Heimatstadt Graz ein, wo es bis zu seinem Tod 2016 einmal im Jahr mit ihm zu Gast war. Hier entstanden viele der bedeutendsten Projekte des Orchesters, von denen viele aufgenommen und von Teldec mit internationalem Erfolg herausgebracht wurden. Zu den herausragendsten zählt zweifellos der Beethoven-Zyklus: die Sinfonien wurden 1990 und 1991 aufgeführt, eingespielt und von Teldec 1992 veröffentlicht. Die Aufnahme gewann alle renommierte Preise weltweit und wurde über eine Million mal verkauft. Für viele Kritiker und Zuhörer wurden diese Konzerte in ihrem Stil und ihrem Anspruch zu einer bahnbrechenden Erfahrung. Bei Wiederholungskonzerten in Salzburg und in der Carnegie Hall in New New York spendete das Publikum stehende Ovationen. Maßgeblichen Einspielungen von Beethovens Orchesterwerken (inklusive der Klavierkonzerte, der Ouvertüren sowie des „Fidelio“) folgten Konzerte und vielfach ausgezeichnete Aufnahmen mit den Werken Haydns, Mozarts, Schuberts, Mendelssohn, Schumanns, Dvoràks und Bartóks.
Paavo Berglund
Während der 90er Jahre trat mit Paavo Berglund ein weiterer bedeutender Einfluss in das Orchesterleben. Mit ihm hatte das COE bereits in früheren Jahren zusammengearbeitet und eine spezielle Zuneigung zu ihm entwickelt. Paavo brachte das Orchester die Werke Sibelius’ nahe und war von der Zusammenarbeit so inspiriert, dass er mit dem COE einen Sibelius-Zyklus zu erarbeitete, der in Helsinki und beim Edinburgh International Festival zur Aufführung kam. Die bei Finlandia veröffentlichte Aufnahme gewann verschiedene internationale Preise. Im Jahr 2022 veröffentlichten wir eine DVD- und Blu-Ray-Aufnahme der Sibelius-Symphonien, die 1998 beim Helsinki-Festival aufgeführt wurden. Der damalige Solo-Oboist des Orchesters, Dougie Boyd, der dieses Projekt initiierte, erzählt die Geschichte dieser Aufnahmen im COE-Podcast. Abgesehen von ihrem erfolgreichen Sibelius-Zyklus, erforschten Paavo und das COE gemeinsam die sinfonischen Welten Dvoráks und Brahms’ – ihr gemeinsamer Brahms-Zyklus wurde in den späten 90er Jahren in ganz Europa aufgeführt und vom Ondine Label 2001 veröffentlicht.
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