Das COE und Claudio Abbado

Der Ausdruck „lebensverändernd“ kommt mir als erstes in den Sinn. Ich werde nie vergessen, wie ich als relativ ignoranter 19jähriger meine erste Probe mit ihm beim European Community Youth Orchestra erlebt habe. Wir spielten Bruckners Sinfonie Nr. 7, und mit einer einzigen Geste konnte er das komplette Klangbild des ganzen Orchesters verändern.  Es waren sein Idealismus und seine Liebe zur Musik, die einen Teil von uns darin bestärkte, auf genau diese Weise für den Rest unseres Lebens Musik zu machen. Deswegen ist das Chamber Orchestra of Europe entstanden.

Jedes Konzert mit ihm war ein Ereignis, ausgezeichnet nicht nur durch seine Dynamik und seine Energie, sondern ebenso durch die Schönheit seines Dirigats and seine spezielle Gabe zu lenken, seinen Sinn für die epische Reise, die eine Sinfonie darstellt. Einige Erinnerungen sind auch leicht verschwommen: Mitternachtspartys überall auf der Welt (die wildesten meist in Ferrara), oft von Claudio spendiert und bisweilen mit einer Flasche seines hoch geschätzten Sassicaia gekrönt. Es sind vor allem die Konzerte, die ich erinnere: unsere erste Tournee durch Europa (mit der das Orchester die Grundlage für seine Reputation als Kammerorchester auf höchstem Niveau schuf) – Konzerte, die Musiker und Zuschauer oft zu Tränen rührten – die allgemeine Begeisterung für „Viaggio a Reims“ in Pessaro, für die Claudio eine Weltklasse-Besetzung um sich versammelt hatte – triumphale Erfolge in den USA und in Japan( eine Tour, während der wir buchstäblich die Welt umkreisten).

Mein letztes Konzert als Oboist mit Claudio Abbado fand statt an der Cité de la Musique in Paris im Jahr 2002. Anne Sofie von Otter und Thomas Quasthoff sangen transkribierte Schubert-Lieder, dazu kamen die letzten beiden Sinfonien von Schubert – ein Komponist, mit dessen Werk Claudio sehr vertraut war. Er war soeben von seiner ersten schweren Erkrankung genesen, noch schrecklich mager und ausgezehrt. Mit Claudio und Thomas, die beide unter so beeinträchtigenden Bedingungen lebten, auf einer Bühne zu stehen und zu erleben, wie sie diese wundervolle Musik gemeinsam zum Leben erweckten, gehört zu meinen wertvollsten Erinnerungen.
My last concert as an oboist was at the Cité de la Musique in Paris with Claudio Abbado in 2002 – Anne Sofie von Otter and Thomas Quasthoff performing transcriptions of Schubert songs and the last two symphonies by Schubert, a composer with whom Claudio was completely at ease. He was just recovering from his first illness and was so gaunt and skeletal. To share a platform with Claudio and Thomas, both of whom had suffered such debilitating conditions and see them make wonderful music together is a memory I shall always treasure.